Wie kommt Johann Sebastian Bach nach Zentralaustralien und wieder zurück?

Der Aboriginal Frauenchor auf Konzertreise in Deutschland

frauenchorWenn diese Sänger den Choral aus der Bach Kantate Nr. 140 »Wachet auf, ruft uns die Stimme«, unter der Leitung ihres Dirigenten David Roennfeldt anstimmen, fühlt man die große Erhabenheit und Trauer, mit der sich damals ihre Vorfahren von ihrem Pastor und Freund Carl Strehlow verabschiedeten, als er im Oktober 1920 todkrank von Hermannsburg, seiner Missionsstation in Zentralaustralien, mit Pferd und Wagen aufbrach, um Hilfe zu suchen, um schließlich doch 10 Tage später in der Wüste Australiens zu sterben. 

Die Mitglieder dieses Chores gehören zu den Aboriginals, den ältesten Völkern dieser Erde, die mehr als 30.000 Jahre lang ihre Naturreligion, Tradition und Kultur tanzend und singend mündlich von einer Generation zur anderen übertragen haben. Sie begeisterten nicht nur die vielen jungen Menschen auf dem Stuttgarter Kirchentag, sondern gaben auch noch insgesamt 25 Konzerte in Bayern, Hessen und Niedersachsen.

 

Das Repertoire spiegelt ihre eigene Gesangstradition als auch die Hymnen und Lieder wieder, die Carl Strehlow in ihre ursprüngliche Sprache übersetzte und nun zu ihrem Liederschatz gehörten: Kirchenlieder, Gregorianischer Gesang sowie deutsche Volkslieder: »Nun ade, Du mein lieb Heimatland«.

Der neue Dirigent Moris Stuart ist für sie ein Glücksfall. Mit seinem afrikanischen Temperament bringt er die nötige Körperbewegung von Melodie und Rhythmus für zusätzliche Amerikanische und Afrikanische Gospellieder mit, ein Körpergefühl, das wir erst mühsam wieder erlernen müssen. Dazu gehört auch das Publikum, das zum Mitsingen angeregt wird: Chor, Dirigenten Solo und alle Zuhörer preisen Gott mit »Kumbaya My Lord, Kumbaya«.

Mit dieser Boomerang-Konzertreise wollten sich die zentralaustralischen Aboriginals nicht nur dafür bedanken, dass deutsche Missionare ihnen das Leben retteten, weil sie von der damaligen englischen Kolonialmacht wie »Wilde« erschossen wurden, sondern weil sie ihnen das Christentum brachten, so dass sie in Würde und Respekt überleben konnten.

Weitere Informationen zur Schöpfungsspiritualität der Aborigines unter www.wuestentanz.de

Dazu gehörte auch die Befreiung von eigenen blutigen Stammeskriegen und der stammesüblichen Promiskuität, die sie durch die christlich ausgerichtete Monogamie ablegten. In der damaligen Zeit starben viele Aboriginals an sexuell übertragenen Krankheiten. 

 

Eine reiche Mythologie

Carl Strehlow erlernte die Stammessprache der Aranda und Loritja und sogar ihre Geheimsprache, die sie nur bei ihren Zeremonien verwendeten. Er entdeckte einen großartigen spirituellen Schatz, die Kronjuwelen Zentralaustraliens: Lieder, Tänze, Märchen und Sagen, die er in fünf Bänden mit dem Frankfurter Völker Museum von 1905 bis 1920 veröffentlichte. Das einmalige Werk ist weder in Deutschland noch in Australien zu haben. In Deutschland aus Vergessenheit, in Australien aus Geheimhaltungsgründen, alles sei »secret and sacred« – geheim und heilig, obwohl die alten Zeremonienväter ihren Kulturschatz ganz besonders Carl und später auch seinem Sohn Theodor Strehlow anvertraut hatten, damit er - nicht wie in allen anderen Teilen Australiens - verloren gehen würde.

Dieser Zeremonienschatz sollte genauso zum Weltkulturerbe gehören wie Homers Odyssee oder das Nibelungenlied (Weltdokumenten Kulturerbe).

Bitte beachten! Wir benutzen Cookies um die Zugriffe auf dieser Website zu analysieren. In unserer Datenschutzerklärung finden Sie weitere Informationen zur Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten. Sie können Ihre Browsereinstellungen entsprechend anpassen, der Nutzung zustimmen oder diese ablehnen.
Datenschutzerklärung Ich stimme zu! Ich lehne ab!