Kultur und Ernährung

betramprojektCopyright und Literatur: Wighard Strehlow, „Die Ernährungstherapie der Hildegard von Bingen“ Rezepte, Kuren, Diäten, Knaur Verlag München 2009

Die Auswahl der Lebensmittel ist von entscheidender Bedeutung für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität einzelner Menschen und ganzer Völker. Bereits im Alten Testament wird von einem

dreijährigen diätetischen Versuch berichtet, wonach Daniel und seine Freunde nach einer Diät mit Getreide, Obst und Gemüse zehnmal klüger und kräftiger aufwuchsen als ihre gleichaltrigen Kameraden, die nach der königlichen Diät Nebukadnezars mit viel Fleisch und Wein ernährt wurden. Auch heute noch geschehen diätetische Wunder. Überglücklich berichtete mir heute noch ein Kaufmann von seinen Heilungserfolgen mit der Dinkelkost, nachdem ihm seine Ärzte bereits vor dreizehn Jahren nach einer Magenkrebsoperation den sicheren Tod vorausgesagt hatten. Er hat seinen Überlebenskampf mit dem Krebs in seinem faszinierenden Buch „Zurück ins Leben – Mein Weg aus dem Krebs“ zusammengefasst.

Jahrtausendelang wurden Erfolg und Schicksal ganzer Völker von ihren Ernährungsgewohnheiten beeinflusst.  Alle großen Kulturvölker der Erde entwickelten sich auf der Basis des Getreideanbaus.  Die Ernährung der frühen Griechen und Römer war sehr einfach, ja geradezu anspruchslos.  Ihre Hauptnahrungsmittel waren Obst und Gemüse mit Getreidebrei aus vollem Korn. Getreidekörner und der daraus hergestellte Brei waren von jeher das Grundlebensmittel aller Kulturvölker der Erde. Brot kam später als Speise der Reichen ergänzend zu Brei oder Mus hinzu. „Die Getreide essenden Völker,“ schreibt Herodot, „sind in Künsten, Wissenschaften, geistiger und körperlicher Bildung denen weit voraus, die von Krieg, Jagd, Viehzucht und Fischfang leben.“  Es war also schon immer ein Unterschied, ob sich der Mensch hauptsächlich von pflanzlicher oder von tierischer Kost ernährte.

Durch zunehmenden Handel und gewonnene Kriege bildete sich eine neue Schicht wohlhabender Leute, die aus anderen Ländern Nahrungsmittel mitbrachten und neue Eßgewohnheiten einführten, die die einfache Lebensführung ablösten. In dieser Zeit der so genannten Zivilisation verlieren die Städter sowohl das Gefühl der Verbundenheit mit den Bauern als auch das natürliche Maß einer einfachen Ernährung (aus Die Ernährung der Griechen und Römer, Prof. Dr. med. S. Bommer, Leiter des Instituts für Ernährungslehre der Universität Berlin.)

Essen und Trinken als Krankheitsursache und Zerfall

Das Gefühl für die goldene Mitte zwischen Zuviel und Zuwenig geht verloren.  Mit zunehmendem Luxus änderten sich sowohl in Griechenland als auch in Rom die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse.  Diese verhängnisvolle Veränderung der Ernährungsgewohnheiten führte zu Genusssucht und Schlemmerei.  Standen in den glänzenden griechischen und römischen Zeiten Geselligkeit und Kunst im Mittelpunkt, so sind es jetzt Speisen und Köche. „Der Neureiche,“ schreibt Maurizio, „entschädigt daher den Mangel an gefestigter Einsicht durch Nahrungsfülle. Er will zunächst genug haben; er überfrisst sich.  Der unsinnig maßlos besetzte Tisch ist seine erste Kulturerrungenschaft und damit sein geistiger Niedergang.“  Die ›Tafelschwelgerei‹ war einer der Begleitumstände, ja die Mitursache des tiefen allgemeinen Verfalls. Mit dem Verfall der Ernährungssitten änderten sich auch die Trinkgewohnheiten. Ursprünglich waren Wasser und Milch die Hauptgetränke.  Wein Genuss war Männern unter fünfunddreißig und Frauen ganz verboten.  Zudem wurde der Wein immer mit Wasser verdünnt, üblicherweise im Verhältnis drei Teile Wasser auf einen Teil Wein.  Eine Mischung zu gleichen Teilen galt als das stärkste Maß, das ein Trinker nicht überschreiten durfte.  In den letzten Tagen Roms und Griechenlands wurde auf Trinkgelagen unverdünnter Wein mit Käse, Salzkräckern, Feigen, Oliven und anderen scharf gewürzten Speisen angeboten, die den Durst anregten und zu unmäßigem Betrinken reizten.

Deine Lebensmittel sollen Deine Heilmittel sein

Kein Wunder, dass Ärzte ausgerechnet in dieser Zeit die Bedeutung der Ernährung für die Gesundheit erkannten.  Heilten sie früher nur mit Heilmitteln oder durch chirurgische Eingriffe, so versuchten sie jetzt auch durch eine Umstellung der Lebensweise Heilung herbeizuführen. Die Frage nach der Gesunderhaltung durch die richtige Ernährung ist für die Ärzte bis zum Ausgang der Antike genauso wichtig wie die Heilung des Kranken.  Die philosophischen Schulen des Diogenes, Pythagoras und Aristoteles empfehlen eine einfache gesunde Kost auf der Basis von Brei und Brot aus Getreide, Obst und Gemüse mit gesundheitsfördernden Kräften. Neben dem Fasten als Therapie bei Verwundeten und Kranken gab es Fasten Vorschriften für religiöse Übungen, ekstatisches Fasten, um Träume und Visionen herbeizuführen.  Bei akuten Krankheiten verordnete Hippokrates eine sehr magere Diät.   Entzündliche Krankheiten wurden durch eine strenge Diät »ausgehungert«. Zeitweise Diät und einfache Ernährung wurden zum Therapieprinzip.  Der in Rom lebende griechische Arzt Galenos schrieb in seinem Diätbuch Über die Kraft der Nahrungsmittel: „Wer gesund bleiben will, soll die Speise essen, von der das gewöhnliche Volk lebt.“  Das waren leicht bekömmlicher Getreidebrei und Vollkornbrot.  Jahrhunderte zuvor lehrte sein Landsmann Hippokrates auf der Insel Kos: „Die Krankheiten überfallen den Menschen nicht wie aus heiterem Himmel, sondern sind die Folgen fortgesetzter Sünden wider die Natur.“

Zivilisationskrankheiten - der Preis für den Luxus

Bis zum Untergang der Antike haben sich die Völker jahrhundertlang mit einer einfachen, gesunden und kraftvollen Ernährung zufrieden gegeben, mit einer Ernährung, die auf uralten Erfahrungen beruhte.  Dies war die Grundlage ihrer Gesundheit, Leistungsfähigkeit und ihres Wohlergehens.  Die Abkehr von der ursprünglichen Getreideernährung musste daher zu ernährungsbedingten Krankheiten führen.  Bei einigen Völkern gab es beispielsweise bis in unser Jahrhundert hinein keine Zivilisationskrankheiten.  Erst durch den Verzehr von Weizenauszugsmehl und Fabrikzucker breitete sich etwa die Zahnfäule auch in den entlegenen Alpentälern aus, obwohl die dort gelegenen Dörfer bis dahin kariesfrei geblieben waren.

Heute haben wir wieder ähnliche Verhältnisse wie im alten Rom.  Vor allem amerikanische Ärzte warnen vor der Zivilisationskost.  Zwei von drei Amerikanern sterben an den Folgen falscher Ernährung.  Die großen Ernährungsgesellschaften sind sich weltweit  einig, dass die wertlose Zivilisationskost mit zuviel tierischem Eiweiß, Fett, Zucker und Salz durch eine einfache vollwertige Kost aus Getreide, Obst und Gemüse ersetzt werden sollte. 

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